Weihnachtsboten auf Schienen: Neues Gespann für Jugendstil-Glühweinfahrten
Der Christkindlesmarkt ist eröffnet, Weihnachten ist schon in Sicht und die Weihnachtsboten auf Schienen drehen ihre Runden um die Nürnberger Altstadt. Also alles wie immer? Nicht ganz: In diesem Jahr ist bei den Glühweinfahrten zum ersten Mal ein Fahrzeuggespann am Start, das aus dem ersten historischen Museumswagen der VAG Verkehrs-Aktiengesellschaft Nürnberg und der neuesten Errungenschaft, dem wiederaufgebauten Beiwagen 1023, besteht.
Ein Fahrgefühl wie zu Kaisers Zeiten
Endlich ist es so weit: Zwei Fahrzeuge, die aufgrund ihrer Historie zusammengehören, konnten für die Glühweinfahrten 2019 vereint werden. Sie stehen dafür, dass es dem Freunde der Nürnberg-Fürther Straßenbahn e.V. gelungen ist, eine bisherige Lücke im historischen Fuhrpark der VAG zu schließen, was den Zeitraum von 1903 bis zum Ende des ersten Weltkriegs angeht. Beide Fahrzeuge sind Baujahr 1913 und lassen mit ihrer originalgetreuen Ausstattung das Fahrgefühl der Kaiserzeit zu Beginn des 20. Jahrhunderts wieder aufleben – ein ganz besonderes Erlebnis!
Zur Vorgeschichte: Der MAN-Triebwagen 701 war ab Mai 1913 insbesondere zwischen Nürnberg und Fürth auf der Linie 1 im Einsatz, später auch auf anderen Strecken. Ab 1946 wurde er als Fahrschulwagen eingesetzt. Hierzu baute man einen Schrank, eine Wandtafel und ein Pult ein. Es verblieben nur noch acht Einzelsitze, die mit einem kleinen Schreibpult ausgestattet waren. In den Jahren 1976/77 hat die VAG dann aber den Ursprungszustand des Wagens weitgehend wieder hergestellt, so dass sie ihn ab 1977 als ihren ersten Museumswagen auf Nürnbergs Schienen nutzen konnte. Über 40 Jahre später war dann eine Grundüberholung notwendig. Der Wagen erhielt neue Räder und wurde neu lackiert. Viele Holzteile wurden aufgefrischt und die festgesetzten Rückenlehnen wieder gangbar gemacht, so dass nun alle Fahrgäste in Fahrrichtung sitzen können. Die Instandsetzungsarbeiten hat die VAG-Werkstatt in der Heinrich-Alfes-Straße nebenbei durchgeführt. Und da Reparaturarbeiten an den Linienfahrzeugen stets Vorrang hatten, zogen sich die Instandsetzungsabreiten über fünf Jahre hin. Doch pünktlich zur Glühweinsaison 2019 wurde der Triebwagen fertig – auch dank der tatkräftigen Unterstützung einiger Mitglieder des Vereins der Freunde der Nürnberg-Fürther Straßenbahn, die in den letzten Monaten für den optischen Feinschliff sorgten.
Der Beiwagen 1023 gehörte zu der 50 Wagen umfassenden Serie 1000 der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg (MAN) aus den Jahren 1913/1914. Die Fahrzeuge dieser Serie prägten das Nürnberger Stadtbild bis Mitte der 1950er Jahre. Leider blieb keines erhalten. Der Verein konnte jedoch 2014 im Straßenbahnmuseum Wehmingen bei Hannover ein historisches Nürnberger Fahrgestell als Basis für einen Wiederaufbau erwerben. Die Restaurierung des Fahrwerks und den Wiederaufbau des Wagenkastens haben dann die Verkehrsbetriebe der Nürnberger Partnerstadt Krakau übernommen. Um die liebevolle Ausgestaltung des Wagens kümmerten sich schließlich wiederum die Vereinsmitglieder. Die VAG hat bei der Zulassung des Fahrzeugs unterstützt.
Der Wiederaufbau konnte rein aus Spenden finanziert werden – auch dank des Spendenbausteins, der in jedem Ticket für eine Jugendstil-Glühweinfahrt enthalten ist. Wer also eine Rundfahrt in dem außergewöhnlichen Gespann bucht, kann direkt nachempfinden, wofür sein Geld eingesetzt wird – nämlich zum Erhalt und zum Ausbau des historischen Fuhrparks der VAG.
Aber auch die klassischen Glühweinfahrten, die inzwischen seit 19 Jahren zum vorweihnachtlichen Vergnügen in der Weihnachtsstadt Nürnberg gehören, laden noch bis zum 22. Dezember mittwochs bis freitags, um 16.00, 17.00 und 18.00 Uhr sowie an den Wochenenden von 15.00 bis 18.00 Uhr zu stimmungsvollen Touren ein. Abfahrt ist am Nürnberger Hauptbahnhof. Die klassischen Glühweinfahrten kosten 19,00 Euro, die Jugendstilfahrten mit Spendenbaustein 34,00 Euro – beide inklusive Glühwein in der Sammeltasse und Elisenlebkuchen. Buchungen unter 0911/283-4646 oder www.vag.de/gluehweinfahrten
Depot St. Peter zum letzten Mal in 2019 geöffnet
Wer in diesem Jahr nochmals in der Schloßstraße1 durch 138 Jahre Nürnberger Nahverkehrsgeschichte schlendern möchte, hat am kommenden Wochenende, 7. und 8. Dezember, zwischen 10.00 und 17.30 Uhr zum letzten Mal die Gelegenheit dazu. Letzter Einlass ist um 17.00 Uhr. Ohne Rundfahrt beträgt der Eintritt ins Historische Straßenbahndepot 6,00 Euro für Erwachsene und 3,00 Euro für Kinder bis 14 Jahre. Weitere Informationen gibt es unter www.vag.de/museum